Ich habe es nicht so gemeint – eine sehr häufige Aussage, die in den meisten Fällen einem folgenden, späteren Bedauern über eine Aussage, eine Handlung etc. folgt…
Herzliche willkommen liebe Freunde der Achtsamkeit!
Einmal mehr offenbarte sich mir das tägliche Leben als hervorragender Lehrmeister, als Gelegenheit, Dinge bewusst, achtsam wahrzunehmen. Hingewiesen zu werden.
Sicher kennt Ihr jene Aussage aus verschiedensten Situationen. Sei es nun, dass wir diese Aussage bei Anderen aufgeschnappt haben, dass wir selbst im Zuge… oder nach einer Konfliktsituation mit dieser Aussage „Ich habe es so ja nicht gemeint“ bedacht wurden…
Sei es, dass wir selbst diese Aussage tätigten, da uns spätestens NACH einem Konflikt bewusst wurde, dass wir in unserem Ausdruck (ob nun verbal oder handlungstechnisch) „unangemessen“ reagiert hatten.
Es wurde halt einfach ausgesprochen, ohne sich auch hier… möglicherweise… mit einer tieferen Bedeutung, Bedeutsamkeit … letztlich Achtsamkeit, auseinander zu setzen.
Ich würde so gesehen nun auch keinesfalls unterstellen wollen, dass diese Aussage… oder vielmehr der damit wohl gemeinte Ausdruck einer Art Reue, eines Bedauerns über das eigene Tun, nicht ehrlich gemeint wäre oder Ähnliches!
Nein!
Im Sinne einer Achtsamkeit darf ich heute jedoch die Gelegenheit nutzen, genau eben jene Achtsamkeit einmal mehr, genau auf eine…, diese inhaltliche Aussage an sich, zu richten!
Vermutlich werde ich nun nicht besonderer Anstrengung bedürfen, um ein Erlebnis, eine Situation, aus dem Erinnerungsspeicher abzurufen, der selbst noch heute einen unangenehmen Beigeschmack erweckt. Wo wir möglicherweise wirklich „über das Ziel hinausgeschossen“ haben. Uns im Anschluss dann mit einer inhaltlichen… oder gar wortwörtlichen Aussage „Ich habe es nicht so gemeint“ zu entschuldigen versuchten.
Grade nun im Wirken – vor allem dieses begleitenden Gefühls – möchte ich aber nun diese Aussage aufgreifen… und ihre Bedeutung einmal „anders“ beleuchten. Achtsamkeit, Bewusstheit schaffen!
Ein praktisches Beispiel aus meinem Erleben letzterer Wochen:
Meine Tochter sollte an einer Schulfahrt teilnehmen, meine Frau hatte übersehen den Beitrag einzubezahlen. Ich wusste davon nichts. Da erreicht mich Samstag Nacht ein Email der Lehrkraft in schon ziemlich ruppigem Beiton, dass der Beitrag nicht einbezahlt sei und wenn dies nicht nachgeholt würde, unsere Tochter am folgenden Dienstag nicht mitführe.
Es folgte dann über den Sonntag hin noch Mail-Verkehr, der mitunter Vorgaben enthielt, was die Lehrkraft sich vorstelle, was ich ja tun könne, tun solle. Offenbar hatte die Lehrkraft auch definitiv ein Problem mit meinen Nachfragen bzw. Darstellungen von können, sollen und müssen. Im Weiteren überschritt dann die Lehrkraft – so zumindest ihre Ausführung – noch die Verantwortung und traf mit „Fremdeltern“ Vereinbarungen bezüglich meiner Tochter. Ohne Wissen oder Zustimmung von mir oder meiner Gattin.
Schlussendlich dann erfolgte via Direktorin (also nicht einmal persönlich) eine „Mitteilung“, dass es der Lehrerin leid täte. Sie habe es so ja nicht gemeint.
Ich stelle nun in der Tat – und nicht nur für dieses Beispiel – mal ganz bewusst in den Raum:
IST DAS SO ???
Hat jene Lehrerin, habt Ihr liebe Leserinnen und Leser… es zu jenem Zeitpunkt, an dem vermutlich alle Emotionen am Kochen waren, an denen innere Wunden berührt, Knöpfe gedrückt, von „Arsch-Engeln“ Botschaften des Lebens um die Ohren gehauen wurden…
…haben wir es da, genau zu diesem Zeitpunkt, etwa nicht so gemeint???
Könnte es nicht wohl eher so sein, dass wir es … genau zu jenem Zeitpunkt brodelnder Emotionen… aber sowas von ganz genau so gemeint haben…?!?!?
Meine bescheidene Meinung dazu lautet: JA! Ganz genau so ist es! Wir haben!
Zugleich: Es ist bitte menschlich. Mitunter durchaus auch verständlich! Wir sind lebendige Menschen, wir haben Gefühle / Emotionen. Und sie sind nur bis zu einem gewissen Grad „kontrollierbar“. Irgendwann ist Schluss mit lustig, eine innere, zumeist unbewusste Linie, wurde überschritten und dann springt mitunter der Draht aus der Mütze.
Und ja… es wäre jetzt ein gesondertes, schönes Thema… darauf mal hinzublicken, wie es denn so mit unseren Emotionen… sprich Reaktionen stünde. Aber vielleicht ein andermal.
Es platzt also dann … am "Siedepunkt"… unter Umständen etwas raus, das bei sachlichem Denken und Handeln, niemals in Frage kommen würde.
Im Verständnis einer Transaktionsanalyse verschieben sich hier – mitunter in Blitzgeschwindigkeit – die Ebenen der zwischenmenschlichen Begegnung. Da begegnen sich dann nicht mehr Erwachsene… sondern einst verletzte, innere, trotzige Kinder.
Irgendwann… wenn sich dann die Emotionswogen wieder glätten, wenn der Tunnelblick wieder weit wird, sich alles wenigstens einigermaßen beruhit, abgekühlt hat…
…ja dann tritt mitunter die Erkenntnis ein, dass man Aussagen getätigt hat, Handlungen / Unterlassungen gesetzt hat, die einer sachlichen Ansicht bzw. Reaktion völlig entbehrten!
Dann… ja dann haben wir es plötzlich nicht so gemeint!
Gut!
Dem Gefühl nach, meist ähnlich oder treffend einer Reue, eines Bedauerns,… Ja es mag durchaus so sein!
Nur…
…was stimmt im Sinne einer Achtsamkeit, einer Bewusstheit, womöglich daran nicht?
Erkennt Ihr es liebe Leserinnen, liebe Leser?
Richtig!
Die Ausdrucksweise, die Ausdrucksform.
Oder noch deutlicher: Der Inhalt der Aussage ist so gesehen "unrichtig"!
Zuvor, im Zeitraum der Erregung, als also alles am Brodeln war, das „rote Tuch“ vor einem geistigen Auge reizte und flatterte… da haben wir es ganz genau so gemeint! Aus der Erregung, dem Zorn, der Wut, der Enttäuschung, der Verletzung, dem Schmerz heraus. Und was sonst da noch alles in der inneren Gemütsküche kocht und wallt.
Wir haben es genau so gemeint… und nicht einen Milimeter anders!
Fühlt doch wirklich offenen und ehrlichen Herzens hinein! Dort werdet Ihr am Grunde dessen, jene Wahrheit erkennen.
Wenn wir also dann im Folgenden selbst erkennen, dass wir uns vergriffen haben in der Wahl unserer Aussagen, Handlungen/Unterlassungen…
…was wäre somit eine viel zutreffendere Artikulation? Was würde – selbst, wenn alles auf vielfach unbewusster Ebene abläuft – kongruenter, authentischer, „wahrer“ wirken?
Wollen wir mal ein kleines Fühl-Experiment machen?
Stellen wir zur Thematik zwei Sätze gegenüber. Lest sie Euch bitte langsam, achtsam durch. Lasst jeden auf Euch wirken, fühlt hinein in Euch.
Satz 1: „Es tut mir leid. Ich habe es so nicht gemeint/gewollt!“
Satz 2: „Ich habe zum Zeitpunkt XY Dinge gesagt / Handlungen gesetzt, wo ich jedoch grade so empfunden habe. Ich erkenne jetzt, dass sie … nicht angemessen / unrichtig / überzogen / beleidigend / etc. waren. Darf ich mich hierfür entschuldigen?!“
Wie fühlen sich diese Aussagen für Euch an? Mit welchem fühlt Ihr Euch „wohler“ – was wirkt „echter“, „wahrer“, nachhaltiger?
Bitte nicht verwechseln, dass eine der Aussagen womöglich ungewohnt klingt…!
Dazu jetzt nur mein Eindruck, mein Gefühl, mein Gedankengang… Und ich bitte Euch, den Euren davon nicht beeinflussen zu lassen!
Zum Einen schon einmal die Aussage: „Es tut mir leid“. Zum Anderen „Ich hab es so nicht gemeint/wollt“.
Ja… sehr oft verwendet. Sehr gebräuchliche Formel. Was aber sage ich damit mitunter aus? Ich leide! Bürde mir selbst Leiden auf! Ich tue mir am Ende vielleicht gar noch selbst leid (an). Ist so etwas in irgendeiner Weise „produktiv“?
Sowohl für mich selbst, als auch für jenen, der ob meines Verhaltens betroffen ist/war?
Wohl kaum.
Ganz ehrlich – und ich bitte dies nun nicht aus irgendeiner Art „Egoismus“ zu bewerten… Ich fühlte mich bei einer solchen Aussage eher nochmals „beleidigt“ bzw. „verarscht“!
Zum einen… was betrifft es mich, ob es dem Gegenüber Leid tut (es Leid am Verursacher auslöst, mitträgt)? Ist es nicht letztlich auch hier dessen Verantwortung, in jedem Fall bei sich zu bleiben?
Zum Anderen hat er/sie es definitiv zu jenem Zeitpunkt eben so gemeint. Wenn nicht, dann hätte er/sie es ja nicht getan, gesagt. Anders reagiert. War aber nicht.
Die gesamte Aussage ist für mich also inkongruent, nicht authentisch, „unwahr“.
Nehme ich nun hingegen den sich mir darstellenden Inhalt der 2. Aussage…
Ich stelle ganz einfach offen in den Raum, dass ich zu jenem Zeitpunkt der Erregung, der Wut, der Betroffenheit, eben genau das war. Erregt, wütend, betroffen, was auch immer. Und dabei habe ich eine Aussage getätigt, eine Handlung/Unterlassung gesetzt. Punkt. Es ist echt.
Weiters stelle ich meine Erkenntnis in den Raum, dass ich erkannt habe, dass dieses dortige Verhalten, nicht einer sachlichen Betrachtung entsprechend war. Auch dies ist echt.
Und was ich persönlich nun für das „Sahnehäubchen“ halte…:
Nicht nur einfach entschuldigen… und gut!
Meiner Einstellung, meiner Achtsamkeit zufolge, sollte es doch eigentlich bereits gereicht haben, dass ich bereits einmal außer mir war, einmal meine Eigenverantwortung überschritten und in die des Gegenübers eingegriffen habe. Es ist meiner Auffassung nach also doch durchaus „berechtigt“, mein Gegenüber hierzu nun zuerst zu FRAGEN, ob ich mich dazu entschuldigen darf!
Denn so doof sich das jetzt vielleicht anhören mag… Aber ich würde es generell auch soweit an die Spitze bringen wollen, dass im Sinne einer gegenseitigen Achtsamkeit ein Gegenüber nicht einfach eine Entschuldigung zu hören, anzunehmen hat, nur weil es mir grade so in den Kram passte! Vielleicht ist ja mein Gegenüber in dem von mir gewählten Zeitpunkt (noch) nicht so weit, um diese Entschuldigung – für sich integrierbar, annehmbar – anzunehmen…
Wie in vielen Dingen, scheinen wir ein gewisses respektloses Verhalten erlernt zu haben, im Zuge dessen wir – zumeist unbewusst – davon ausgehen, dass ein Gegenüber einfach alles anzunehmen, zu ertragen hat, was wir ihm grade aufhalsen wollen…
Nun liebe Leserinnen, liebe Leser…
Selbstverständlich darf dieser Beitrag nun von jedem von Euch, so verstanden sein, wie er/sie es für richtig hält!
Ich selbst sähe mich durch jenes Vorkommnis dieser Tage erneut hingewiesen, motiviert, auch meiner Achtsamkeit dahingehend noch mehr Bewusstheit, Energie zu schenken!
Was ich im Beitrag nun sagte: Dazu stehe ich allerdings. Ich habe alles genau so gemeint.
Ich wünsche Euch somit eine schöne und achtsame Zeit! Auch die eine oder andere Erkenntnis – wobei diese gerne bereits in der Vergangenheit liegen mag. Vergangenheit vermag sehr erkenntnisreich sein… um für das Jetzt und die Zukunft Wahlmöglichkeit, Chance zu erschaffen!
Euer
Ernold Prinz
(Lifecoach, psycholog. Berater (i.A.), Sachbuchautor)
PS: Wer die Achtsamkeits-Beiträge nicht gelesen hat / erst jetzt "eingestiegen" ist… Die Blogs sind gerne nachzulesen,zusammengefasst auf der Projekt-Seite https://www.das-neue-ich.com/projekt-achtsamkeit-im-taeglichen-umgang/
Bildquelle: Pixabay – Beitragsbild gesamt (C) Das Neue Ich